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Digitalisierung und die Zukunft des Hörfunks: UKW, DAB+, 5G: Was macht das mit dem Freien Radio?

Radiohören ohne Big Data und Staatsschutz

Fast alle haben heute ein Smartphone, so argumentieren die Fürsprecher*innen von Hörfunk durch 5G. Die neue Technik soll die kostengünstige Verbreitung von Hörfunk über das Mobilfunknetz ermöglichen – und den Radiostationen erlauben, ihren Hörer*innen ein „personalisiertes Radio“ zu liefern. Denn: Bei 5G, wie beim Hören von Internet-Livestreams, fließen Daten an den Internet-Provider zurück – z.B. personenbezogene Daten, Hördauer, gehörtes Programm… Bei UKW oder DAB+ ist das nicht möglich: Niemand kann wissen, wer was und wann hört. Das heißt: Neben der Frage, ob beim 5G-Radio letztlich Mobilfunkkosten für die Hörer*innen anfallen werden, ist Radio über 5G vor allem aus demokratischen Gründen bedenklich. Demokratie hat als Voraussetzung, dass die Öffentlichkeit Medieninformationen frei nutzen kann. Wer in welcher Zeitung geblättert oder welches Radio- oder Fernsehprogramm genutzt hat, ist außerhalb des Internets nicht ohne weiteres rückverfolgbar. Radio hören muss in erster Linie möglich sein, ohne dass Dritte ‚mithören‘ können. Gerade als freies Radio, dessen Inhalte immer wieder auch unter Repressionsdruck standen, sagen wir: Es darf nicht rückverfolgbar sein, wer wann welche Inhalte hört!

Zugangsoffenheit in Gefahr?

Für UKW-Empfänger gibt es Bausätze, die technikinteressierte Zehnjährige zusammenbauen können. RDL ist als illegaler Piratensender gestartet – der Sender war selbstgebaut. Auch das komplexere DAB+ ist ein offener Standard. Wie sich das mit 5G entwickeln würde ist unklar. Die Mobilfunkstandards basieren darauf, dass man sich in das Netz eines Anbieters einloggt – über eine SIM-Karte, die meist an persönliche Daten gekoppelt ist. Nun wird diskutiert, diese Anforderung für Broadcast-Angebote via 5G zu lockern – ob das aber tatsächlich umgesetzt wird und ein Empfang ohne Registrierung möglich ist bleibt bislang fraglich. Auch droht die Abhängigkeit von Netzbetreibern: Wer entscheidet, welche Programme priorisiert oder umsonst empfangbar sind? Wir sehen in diesen Entwicklungen eine potentielle Gefahr für die Zugangsoffenheit. Dazu kommt: Mit 5G können Sender ein „personalisiertes Radio“ bringen: Jede*r bekommt ein auf die eigenen Interessen und Hörgewohnheiten zugeschnittenes, individuelles Radioprogramm. Ein Ende des linearen Programms birgt die Gefahr, dass sich Filterblasen verengen, wir nicht mehr überrascht werden – und in der automatischen Programmauswahl möglicherweise auch Interessen der Provider hineinspielen.  

5G-Hype ohne Grundlage

Eine Festlegung auf 5G als Verbreitungsweg der Zukunft halten wir für sehr problematisch. Zu groß sind die offenen Fragen, zu unklar ist, ob ein allgemeiner Zugang garantiert werden kann – auch in Stoßzeiten, auch ohne Registrierung, auch in ländlichen Gebieten mit schlechter Mobilfunkabdeckung. Daher fordern wir als erstes, dass wir und die anderen freien Radios über DAB+ verbreitet werden – und für die Zukunft des Hörfunks eine Debatte, die nicht einem marktkonformen Technikoptimismus verfällt.

Rundfunk muss frei von politischer und wirtschaftlicher Beeinflussung, anonym empfangbar und abgesehen von allgemein anfallenden Rundfunkgebühren ohne zusätzliche Bezahlschranken für Alle kostenlos hörbar sein.

#5GISTKlimaschaedlich